Yukon

Ab der kanadischen Grenze am White Pass, Klondike Highway, geht es dann nur noch bergab mit uns. Durch Berge, durch Wälder, durch das kleine, bunte Dorf Carcross, bis wir die Kreuzung des Alaska Highways erreichen und bald darauf Whitehorse, Hauptstadt des Yukon.

Whitehorse: Früher wichtige Station für die Goldsucher auf der Durchreise in den Norden, heute wichtige Station für alle Traveler, die noch einmal oder endlich wieder in einem richtigen Supermarkt einkaufen wollen, je nach Reiserichtung. Ansonsten gibt es in den winzigen Dörfern des Yukon ja nicht viel Auswahl.

Nach dem Prinzip „erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ werden am ersten Tag in der Stadt die Reifen rotiert und geflippt, das machen wir zwei ganz alleine, auf dem Parkplatz der Stadthalle. Am zweiten Tag ist dann Zeit, die Kleinstadt zu erkunden. Viel zu sehen gibt es zwar nicht, aber nett ist es trotzdem.

Von Whitehorse aus steht uns noch einmal eine lange, lange Fahrt durch die einsamen Landschaften bevor, bis wir wieder in Watson Lake am Signpost Forest stehen. Hier hat unser Trip in den Yukon begonnen und hier schließt sich der Kreis. Bei unserem ersten Besuch hat es uns schon in den Fingern gejuckt, jetzt nutzen wir die letzte Chance, dem Schilderwald ein weiteres Exemplar zuzufügen. Nach ein bisschen Bastelei und Kletterei hängt „stepelix“ nun ganz oben am Pfosten, zwar nicht in erster Reihe, aber ganz nah dran.

British Columbia

Weiter geht die Reise, jetzt über den Cassiar Highway. Wenig befahren, viel zu gucken, so haben wir gehört, und die über 700 Kilometer lange Fahrt ist auch wirklich schön. Noch schöner wäre es allerdings, wenn sich die Landschaft nicht so oft in dicke Wolken hüllen würde, da gäbe es direkt noch mehr zu sehen. Dafür haben wir wettermäßig großes Glück auf unseren zwei Abstechern vom Highway.

Der erste Abstecher führt uns nach Telegraph Creek, ein abgelegener Geheimtipp am Ende einer 150 Kilometer langen Stichstraße. Kurve um Kurve schlängelt sich die Schotterpiste durch dichten Wald. Wir sind etwas irritiert. Macht uns ja viel Spaß, aber spektakulär ist das hier nicht wirklich. Kaum haben wir das gedacht, geht das Spektakel los. In steilen Serpentinen windet sich die schmale Straße plötzlich hinab in den Grand Canyon of the Stikine River. Sie klebt an den Steilwänden, lässt uns tief in die Schlucht blicken und hinter jeder engen Kurve ein neues „picture perfect“ entdecken.

Am Ende landen wir in der kleinen, charmanten „Ghost Town“ Telegraph Creek, in der die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Im einzigen Lokal sind wir die einzigen Gäste, auf der Straße treffen wir keine Menschenseele, also wird sich wohl auch niemand daran stören, wenn wir uns irgendwo ein Plätzchen für die Nacht suchen. Den Hund, der uns abends besucht, stört es offensichtlich auch nicht, er markiert Felix gleich als sein Revier, damit ist die Sache erledigt.

Der zweite Abstecher vom Cassiar Highway bringt uns nach Stewart, wieder eine Stichstraße, wieder großes Kino, insbesondere auf dem Hinweg. Hat so ein bisschen was von einem Gruselmärchenfilm. Nebelschwaden wabern in dem engen Tal, tiefhängende Wolken lassen nur sporadisch die hohen Küstenberge links und rechts der Straße erahnen. So habe ich mir die Panoramafahrt irgendwie nicht vorgestellt. Dann sind wir in Stewart, im äußersten Zipfel Kanadas, umringt von hohen Gipfeln, am Ende eines endlos langen Fjords gelegen. Klein, unaufgeregt authentisch, alles andere als touristisch, gefällt uns.

Stewart ist aber nicht das einzige Ziel, da ist noch mehr. Hyder, ganze drei Kilometer entfernt, mehr „Ghost“ als „Town“ und: in Alaska! Das ist nun auch wirklich unser allerletzter Abstecher nach Alaska, versprochen. Aber dieser hier ist nun mal ein Muss.

Hyder selbst ist winzig, verfallen aber doch noch bewohnt. Hyder hängt in der äußersten Ecke Alaskas, hat keine Verbindung zu irgendeinem anderen Ort in dem US-Staat. Und trotzdem hat Hyder eine andere Zeitzone, andere Gesetze und andere Regeln, als das nur drei Kilometer entfernte Stewart auf kanadischer Seite.

Aber nicht nur der Exoten-Status von Hyder lockt in diesen entlegenen Winkel, sondern zwei Naturschauspiele, die wir uns beide nicht entgehen lassen.

Die Lachswanderung flussaufwärts macht auch vor dem Fish Creek bei Hyder keinen Halt. Das ruft die hungrigen Grizzly- und Schwarzbären auf den Plan, die in dem flachen Gewässer leichtes Spiel mit den Lachsen haben und sich problemlos ihren Winterspeck anfuttern können. Das wiederum ruft die Touristen auf den Plan, die mit den Bären leichtes Spiel haben, insbesondere von der sicheren, erhöhten Besucherplattform aus.

Das nächste Highlight wartet am Ende einer Schotter- und Staubpiste, die sich endlos in die Berge hinaufschraubt, und heißt Salmon Glacier. Gleich mit dem Erreichen des untersten Zipfels vom ewigen Eis sind wir beeindruckt, denn die Straße verläuft kilometerlang in abenteuerlichen Kehren oberhalb des Gletschers, bis wir schließlich am letzten und schönsten Aussichtspunkt ankommen. Der Blick ins Tal voller Eis und auf die zum Teil gletscherbedeckten Berge ringsum ist einfach toll.

Mit Hyder, Bären und Gletscher erschöpfen sich dann auch schon die Möglichkeiten auf Alaska-Seite. Am nächsten Tag stehen wir wieder an der Grenze zurück nach Kanada und werden allen Ernstes von den kanadischen Grenzbeamten kontrolliert. Woher wir kämen, wie lange wir dort gewesen wären, was wir dort gemacht hätten? Wir haben ja schon im Vorfeld gehört, dass es hier eine Grenzkontrolle gibt, ungeachtet der Tatsache, dass auf US-Seite außer Hyder nun absolut wirklich nichts ist, aber mit DIESEN ernstgemeinten Fragen haben wir dann doch nicht gerechnet.

Von Stewart aus geht es die gleiche Straße zurück zum Cassiar Highway, wie wir sie hineingefahren sind, mit dem Unterschied, dass wir diesmal das volle Panorama zu sehen bekommen: Hoch aufragende Felswände, Gletscher auf den Gipfeln, Wasserfälle ohne Zahl. Grande Finale, sozusagen.

Denn spätestens mit Erreichen des Yellowhead Highways, auf dem wir einmal quer durch British Columbia bis nach Prince George rollen, haben wir das Gefühl, den großartigen Teil Kanadas zu verlassen. Zwar immer noch schön, aber kein Vergleich zum Norden. Schnell ändert sich die Landschaft: Die Berge werden weniger, flacher, bis sie irgendwann ganz verschwinden, plötzlich tauchen wieder Viehweiden und Felder auf, Farmen, kleine Städte. Nett normal eben.

Und dann kommen wir in Prince George an. Seit unserem ersten Besuch im letzten Herbst nicht schöner geworden, aber immer noch prima geeignet, sämtliche Ladenketten unsicher zu machen und alle Vorräte aufzufüllen. So geht unser Reisemonat August mit den schnöden Aufgaben des Alltags zu Ende, die eben auch zu einem Leben auf Achse dazugehören.