Alaska

Chicken, Alaska. Das ist unser erster richtiger Stopp im nördlichsten Bundesstaat der USA, nachdem wir in der Einsamkeit des Top of the World Highways an der Poker Creek Grenzstation unser neues 180-Tage-Visum für die Staaten erhalten haben.

Aus dem Top of the World wird der Taylor Highway, aus dem Weg über die Bergrücken eine Fahrt durch schöne bewaldete Täler, die immer enger und kurviger werden. Und dann also Chicken.

Irgendwann war Chicken mal ein Goldgräbernest, heute leben noch eine Handvoll Menschen dort von der „Goldgrube Tourismus“. Souvenirläden, kleine Bars und Futterbuden bilden neben zwei Campingplätzen den heutigen kunterbunten Mini-Ort. Der überschaubare historische Teil ist hingegen nur per Führung gegen Dollar zu sehen, da verzichten wir dann gerne auf die paar echten alten Häuser.

Von Chicken aus, dem einzigen Ort auf unserem Weg bis zum Alaska Highway, rollen wir weiter über den Taylor Highway, viel Wald, viel abgebrannter Wald, endlose Berge und Täler. Aber immerhin wandelt sich der Straßenbelag irgendwann von Schotter zu löchrigem Asphalt.

Auf dem Alaska Highway hat uns dann die Zivilisation endgültig wieder. In Tok, einem verstreuten Straßendorf, durch das jeder Alaska-Reisende zwangsläufig kommt, wird erst mal Felix einer erneuten Wäsche unterzogen. Der Badetag in Dawson City ist zwar erst ein paar Tage her, aber auch der Top of the World / Taylor Highway hat seine schlammigen Spuren auf Felix hinterlassen. Nicht umsonst trägt die Stadt den heimlichen Namen „Carwash Capital of the World“…

Weiter geht die Reise Richtung Norden, die Berge der Alaska Range immer im Blick. In Delta Junction ist dann offiziell Schluss mit dem Alaska Highway. Nach 1.422 Meilen, von Dawson Creek aus gesehen, endet er an einem kleinen, versteckten Meilenstein an der Touristeninformation. Dies und das kleine historische Roadhouse gegenüber scheinen dann auch irgendwie das Zentrum von Delta Junction zu sein. Die Dame in der Info zuckt mit den Schultern, als wir fragen, ob es hier so etwas wie Downtown gäbe und wenn, dann wo. Nee, alles verteilt sich in den Wäldern entlang der beiden Highways, Alaska und Richardson.

Die Landschaft der restlichen Kilometer bis Fairbanks gleitet an uns vorüber, während wir es genießen, mal wieder recht ordentlichen Asphalt unter den Reifen zu haben. Kann ganz entspannend sein.

Und plötzlich finden wir uns am Nordpol wieder. Genauer gesagt in North Pole. Dort, wo bekanntlich der Weihnachtsmann lebt, zumindest für die amerikanischen Kinder. Deshalb ist hier auch rund ums Jahr Weihnachten angesagt, was sich ja erst mal ganz nett anhört. Doch bei näherer Betrachtung sind wir uns einig: Die armen Kinder, die in diese Kleinstadt gebracht werden, damit sie einmal Santa Claus zu Hause besuchen. Da verliert man den Glauben an den Weihnachtsmann, so billig und lieblos kommt uns das alles vor. Disney hätte das definitiv besser hinbekommen… Fazit: Kann man sich sparen.

Gleich hinter North Pole liegt Fairbanks, um die 30.000 Einwohner, also knapp die Hälfte unserer Heimatstadt, aber zweitgrößte Stadt in Alaska. Kleinstadtcharme mit großen Gewerbegebieten und kleiner Innenstadt am Chena River. Im „Pioneer Park“ sind die historischen Hütten aus der Goldgräberzeit zusammengetragen und beherbergen nun Souvenirläden und Imbissbuden.

Wir quartieren uns nach langer Zeit mal wieder auf einem Walmart Parkplatz ein und sind bei weitem nicht die einzigen Reisenden dort. Unter den zahlreichen Wohnmobilen, die die Parkflächen bevölkern, entdecken wir ein uns bekanntes. Was für ein Zufall, dass wir hier Gloria und Wilson, die beiden Brasilianer vom Keno Hill, wiedertreffen! Eigentlich sollen wir bei den beiden abends nur auf ein Glas Wein vorbeikommen, aber dann geraten wir beide unversehens in eine laue, brasilianische Nacht auf dem Walmart Parkplatz. Vier Paare aus Brasilien, eines aus Spanien und wir zwei aus Deutschland, die ihren Spaß haben, obwohl sie nichts verstehen, weil alle nur spanisch und portugiesisch durcheinander reden. Die allgemeine Stimmung steigt mit dem Weinkonsum (und das in der US-Öffentlichkeit!), und irgendwie versteht am Ende doch jeder jeden. Und der Monat Juni ist damit auch zu Ende.