Alaska

Jetzt tun wir es also doch: Noch einmal in eine 800 Kilometer lange Sackgasse hinein und zwangsläufig wieder zurück. Aber irgendwie wäre eine Rundreise durch Alaska ohne den Abstecher nach Prudhoe Bay nicht komplett…

Von Fairbanks aus geht es weiter hinauf in den Norden, der Dalton Highway ist unser Ziel. Was es mit dem Dalton Highway auf sich hat, lässt sich kurz zusammenfassen: Ende der Sechziger Jahre werden enorme Ölvorkommen im Polarmeer entdeckt, entsprechend müssen schleunigst Förderanlagen und eine Pipeline her. Bereits nach fünf Monaten Bauzeit ist eine Piste mitten durch die menschenleere Wildnis geschlagen, trotz diverser Widrigkeiten wie Gebirge, Permafrost und Wetterkapriolen. Alles, was an Material für die Ölfelder und die Pipeline benötigt wird, nimmt anschließend diesen Weg.

Nach weiteren drei Jahren ist auch die Pipeline fertig und begleitet seitdem den Dalton Highway auf weiten Strecken. Wie ein endloser Tausendfüßler zieht sie sich durch die Landschaft. Damit das warme Rohöl nicht den Permafrostboden auftaut und dadurch die Rohrleitungen gefährdet, ist die Pipeline meist oberirdisch auf Stelzen verlegt und dabei auch noch erdbebensicher gelagert. In Prudhoe Bay an der Beaufortsee geht das Öl auf Reisen, 1.300 Kilometer später wird es in Valdez am südlichen Ende Alaskas in Tankschiffe verfrachtet.

Viele Jahre später wird die ursprüngliche Werksstraße für die Öffentlichkeit freigegeben und damit die einzige Möglichkeit, auf vier Rädern bis an den Nordrand des Kontinents zu reisen. Dass die Räder dabei so strapaziert werden, hätten wir nicht gedacht. Selten solch einen Flickenteppich aus Rissen, Kratern, Furchen und Wellen gesehen, da hilft es auch nichts, dass die Fahrbahndecke inzwischen auf vielen Teilstücken befestigt ist.

Doch das Erlebnis, durch diese endlose Weite und unberührte Natur zu rollen, ist das Schaukeln und Rumpeln allemal wert. Ob die Bauarbeiter damals einen Blick für die Landschaft ringsum hatten? Sicher kaum, bei dem Arbeitstempo. Wir dafür jetzt umso mehr.

Viel Verkehr herrscht nicht, hin und wieder ein Truck, der die Ölfelder beliefert, andere Reisende sehen wir hingegen kaum. Dafür gelegentlich Tiere am Straßenrand, Füchse, Moschusochsen. In punkto „Wildlife“ könnte die Ausbeute für unseren Geschmack ein wenig größer ausfallen, aber andererseits haben die Tiere hier derart viel Platz, da können wir nicht erwarten, dass sie für uns an der Straße Spalier stehen.

Ortschaften kann man bis Deadhorse lange suchen. Am Yukon River gibt es zwar einen kleinen Truck Stop und rund hundert Kilometer hinter dem Arctic Circle, etwa auf halber Strecke zwischen Fairbanks und Polarmeer, die Siedlung Coldfoot, ein Nest fürs Allernötigste. Aber viel mehr als eine  warme Mahlzeit und Benzin gibt es auch hier nicht. Gut, wenn man pannenfrei bleibt. Und gut, dass wir in Fairbanks alle Vorräte und Tanks kräftig aufgefüllt haben.

Wer nur bis Coldfoot oder sogar nur bis zum Arctic Circle fährt, verpasst das Beste vom Dalton Highway. Denn ab Coldfoot nimmt die Landschaft links und rechts der Straße richtig Fahrt auf. Endlose Wälder und späterhin alpine Tundra bis hierher waren nur der Auftakt, jetzt liegt die Brooks Range vor uns. Ein riesiges Gebirgsmassiv, das so ziemlich den ganzen Norden Alaskas einmal durchquert. Zunächst fahren wir durch Postkartenmotive mit eisblauen Flüssen, Nadelwäldern und grauen Bergkuppen, dann geht es steil hinauf zum schroffen Atigun Pass, der höchste in Alaska.

Auf der anderen Seite plötzlich eine völlig andere Landschaft. Die Piste schlängelt sich hinab in ein weites, karges Tal, bald sehen wir die Brooks Range nur noch im Rückspiegel. Vor uns breitet sich die endlose arktische Tundra aus. Am Anfang noch hügelig, auf den letzten 200 Kilometern bis Deadhorse dann völlig topfeben. Kein Baum, kein Strauch, nichts. Jetzt im Juli ist der Boden noch sattgrün, im Herbst, wenn sich das Bodengestrüpp goldgelb und feuerrot verfärbt, muss es ein richtiges Farbspektakel sein.

Dass wir uns gedanklich nicht zu sehr in der Weite verlieren, dafür sorgen unsere geliebten Straßenbauarbeiter, die uns regelmäßig mitten im Nichts mit ihren Stoppschildern ausbremsen. Das romantische Gefühl vom „einsamen Ende der Welt“ geht doch etwas unter, wenn wir im Konvoi hinter einem „pilot car“ durch die ewig langen Baustellen zuckeln… Aber jetzt im Sommer ist nun mal die Zeit, alle Schäden des Winters auszubessern.

Irgendwann tauchen in der platten Landschaft einzelne Striche am Horizont auf. Aus der Nähe betrachtet, entpuppen sie sich als Bohrtürme: wir haben Deadhorse erreicht. Hier im großen Öl-Camp endet der Dalton Highway, wer bis ans Polarmeer will, ist für die letzten Kilometer auf eine organisierte Bustour angewiesen.

Deadhorse ist irgendwie schräg. Wo wir hinschauen, Bohrtürme, Pumpanlagen, Pipelinerohre, Arbeitercamps. Der Ort sieht aus wie ein riesiges Legostein-Projekt. Alles ist aus Containern zusammengesetzt, Hotels, Arbeiterunterkünfte, Bürogebäude. Alles quadratisch, praktisch, erdbeben- und permafrostsicher. Der Sprit an den Tankstellen ist richtig teuer, obwohl das Rohöl an jeder Ecke sprudelt. Wer Lebensmittel einkaufen will, hat Pech, einen Supermarkt gibt es nicht. Braucht hier auch keiner, denn die Arbeiter werden in den Camps voll versorgt. Wer will sich auch nach einer 12-Stunden-Schicht noch selber ein Schnitzel in die Pfanne hauen? Dafür gibt es in einem kleinen Laden Arbeitsbekleidung fürs Extreme. Wird im Winter bei minus 40 Grad und mehr auch bitter benötigt. Jetzt können wir uns das kaum vorstellen, es ist schwül, warm und zu allem Überfluss mückenverseucht.

Unser Eintreffen in Deadhorse fällt zufällig auf ein besonderes Datum, den 4. Juli, Nationalfeiertag. Ist doch ein guter Grund, abends „auszugehen“: Im Brooks Camp gibt es ein großes All-you-can-eat-Buffet für kleines Geld, also nichts wie hin. Die Kantine ist zum Bersten voll, das Buffet ebenfalls. Wir hocken uns zwischen die hungrigen Arbeiter und können mal ein bisschen von „Deadhorse inside“ erleben.

Am nächsten Tag nehmen wir an der völlig überteuerten Busfahrt zur Beaufortsee teil, die sich sicher jeder drei Mal überlegt und dann schließlich doch bucht, weil es blöd ist, es nicht zu tun, wenn man schon hunderte Kilometer bis hier her gefahren ist und dann doch nicht die Füße ins Polarmeer stecken kann. Eineinhalb Stunden dauert der Spaß, mit kurzer Rundfahrt durch die für den öffentlichen Verkehr gesperrten Anlagen der Prudhoe Bay und einem halbstündigen Aufenthalt am Ozean. Von unseren brasilianischen Reisebekannten Gloria und Wilson wissen wir, dass zwei Wochen zuvor die Bucht noch zugefroren war. Jetzt ist die Bucht eisfrei, aber leider ist heute gerade so gar kein Badewetter, da verschwinden wir nur bis zu den Waden in den Fluten. Das liegt ehrlich nur am Nieselwetter, nicht etwa an den eisigen Wassertemperaturen oder so…

Von Deadhorse aus gibt es nur eine Richtung: nach Süden. Wieder durch die pfannkuchenflache Tundra mit den vielen Straßenbaustellen, wieder durch die wunderbare Brooks Range, mit einem Abstecher ins alte Minendorf Wiseman, vorbei am Arctic Circle und durch die dichten Wälder, bis wir nach 800 Kilometern wieder in Fairbanks auf dem Walmartparkplatz stehen und es mit den wunderschönen ruhigen Naturplätzen erst mal vorbei ist.

Doch das nächste Ziel haben wir bereits im Visier und halten zielstrebig drauf zu: der Denali National Park in der Alaska Range. Wieder ganz viel Natur. Und laut Vorhersage leider auch ganz viel Wetter. Wir geben Gas, nehmen eine verregnete Fahrt in Kauf, um den einzigen gut angesagten Tag im Park zu erwischen.

Wir haben Glück und können sogar für unseren Wunschtag noch zwei Bustickets ergattern. Ohne die geht nichts, denn in den Nationalpark führt nur eine einzige Straße – etwa 150 Kilometer weit – hinein, auf der allein Tour- und Shuttlebusse des Parks erlaubt sind. Wir buchen die Tour bis zum Wonder Lake, das bedeutet, uns stehen 11 Stunden Fahrt in einem rappelnden grünen Schulbus bevor, der anhält, wenn es einen Rastplatz gibt oder wenn irgendwo ein Wildtier zu sehen ist. Um sechs Uhr in der Frühe geht es los. Noch ist es dämmrig und wolkig, aber wir geben die Hoffnung nicht auf, vielleicht doch den Berg der Berge zu Gesicht zu bekommen. Das ist ja der hauptsächliche Sinn und Zweck der Aktion.

Der Wetterbericht behält Recht, es wird ein schöner, sonniger Tag. Da sollten wir doch…? Nee, Pustekuchen, sonnig allein reicht nicht. Jetzt wissen wir, warum immer von „klaren“ Tagen gesprochen wird, um den Berg Denali zu sehen, nicht von „schönen“ oder „sonnigen“. Wir sehen nicht nur den 6.000-Meter-Koloss nicht, sondern so gut wie gar nichts von der Alaska Range. Das komplette Gebirgsmassiv versinkt in Dunst und Diesigkeit, einfach verrückt.

Trotzdem ist es eine schöne Fahrt, die wir nicht bereuen. Das, was wir im Nahbereich an Bergen sehen können, beeindruckt auch und der knallbunte Polychrome Pass ist eh spektakulär. Außerdem zeigt sich unterwegs jede Menge wildes Leben. Höhepunkt sind neben dem seltenen schwarzen Wolf natürlich die Grizzlies, insgesamt zwei Herren und eine Mama mit zwei Halbwüchsigen. Kann man sich gar nicht dran sattsehen.

Abends kommen wir völlig hungrig und müde am Felix an, doch der Tag ist noch nicht für uns zu Ende. Auf unserem Übernachtungsplatz außerhalb des Nationalparks treffen wir auf Susanne und Jens mit ihrem Mitsubishi Fuso. Wir verstehen uns auf Anhieb, entsprechend lange wird noch gequatscht.

Am nächsten Tag kommen wir ganz auf den Hund. Der Denali ist der einzige Nationalpark, der ein eigenes Hundeschlittenteam unterhält, sozusagen als Transporttrupp für die langen, schneereichen Winter. Die Huskies sind völlig relaxt, dösen auf ihren Hütten rum, lassen die Besuchermenge über sich ergehen, einige sind sogar zum Streicheln freigegeben. Als sich die Musher mit den Hundegeschirren im Laufschritt nähern, ändert sich die Lage schlagartig. Wie auf Kommando fängt die Meute an zu bellen, jaulen, springen. Jeder will dabei sein, doch nur eine Handvoll Vierbeiner darf heute ran, zur Demonstrationsrunde mit dem Sommerschlitten. Kaum sind die Hunde angeschirrt und losgesaust, ist die Runde auch schon beendet und wieder Ruhe im Karton.

Unser Besuch im Denali National Park ist mit den Huskies ebenfalls beendet, weiter geht es Richtung Süden. Da das Wetter auch langfristig nicht richtig mitspielt und die Alaska Range nach wie vor wie ausradiert ist, verkneifen wir uns schweren Herzens sämtliche geplanten Abstecher vom Highway und knöpfen uns stattdessen Anchorage vor.

DIE Metropole in Alaska, dennoch mit gerade mal rund 290.000 Einwohnern irgendwie eine Kleinstadt. Die zahlreichen, weitläufigen Gewerbegebiete rings um das übersichtliche Stadtzentrum kommen uns nach Wochen der Abstinenz vor wie Schlaraffenland. Die Innenstadt selbst umfasst nur eine Handvoll Straßen, ist aber für amerikanische Verhältnisse ganz ansehnlich.

Die Lake Hood Seaplane Base müssen wir uns natürlich auch ansehen, ist schließlich der weltgrößte Airport für Wasserflugzeuge. Irgendwo startet und landet immer ein Buschpilot. Und ansonsten hat Anchorage ganz viel von dem, was es in Alaska eh im Überfluss gibt: Jede Menge Natur um sich herum, in die es die „Großstädter“ in jeder freien Minute zieht.

Uns zieht es auch bald weiter, ab auf die Kenai Halbinsel. Durch den bergigen Inselosten geht es geradewegs nach Seward, kleine Küstenstadt mit buntem Bootshafen und nur einem Thema: Heilbutt. Am Nachmittag können die Landratten bestaunen, was die zahlungskräftigen Freizeit-Seebären auf ihren Charter-Hochseeangeltouren an Riesenfischen aus dem Meer gezogen haben.

Seward ist auch Ausgangspunkt für Bootsausflüge in den Kenai Fjords National Park voll hoher Küstenberge, Gletscher und, wenn man Glück hat, Wale, Seeotter und Co. Ein echt teures Vergnügen und wir überlegen lange, doch dann fällt Petrus die Entscheidung für uns: Es regnet. Da lassen wir es doch lieber. Ein Glück, dass wir den Exit Glacier nahe Seward noch bei Sonne erlebt haben. Das Vergnügen gibt es übrigens ganz kostenfrei, er ist der einzige Gletscher im Nationalpark, den man per Straße und damit ohne Boot oder Flugzeug erreichen kann.

An der Westseite der Kenai Peninsula hangeln wir uns die Küstenstraße entlang bis an den Südzipfel und nehmen auf der Fahrt dorthin so ziemlich jeden Stopp mit, der sich anbietet.

Kenai, quasi die Hauptstadt der Halbinsel, wartet ganz bescheiden mit ein paar alten Häusern und einer russischen Kirche aus alten Zeiten auf. Am Kasilof River trauen wir unseren Augen kaum, es ist gerade Dipnetting Saison und damit an der Flussmündung der Teufel los. Autos, Wohnmobile und Zelte tummeln sich auf dem Strand und zahllose Angler mit ihren großen Keschern am und im Wasser. Kaum zu fassen, welche Mengen an Lachs so aus dem Wasser gezogen werden.

In Clam Gulch dagegen ist es gerade ganz beschaulich. Eigentlich erwarten wir hier Horden an Muschelsuchern, die aus dem Schlick die Delikatesse klauben, doch nichts ist los. Wie wir hören, besteht Sammelverbot, da die Muschelbestände sich regenerieren müssen. Na gut, erstehen wir stattdessen bei Mark, einem kommerziellen Fischer in der Bucht, einen fangfrischen Lachs. An dem Burschen haben wir zwei Tage zu essen!

In Ninilchik treffen wir noch einmal auf ein Überbleibsel von Alaskas russischer Vergangenheit, und zwar auf ein besonders schönes. Hoch über dem kleinen russischen Dorf thront die alte orthodoxe Kirche auf einer Klippe.

Am Ende der Kenai Peninsula Rundfahrt machen wir einen Abstecher in das kleine, abgelegene Hope. Nicht viel los hier, aber zwei Mal am Tag kommt wenigstens die Gezeitenwelle im Turnagain Arm vorbei. Bei unserem Besuch haben wir das seltene Vergnügen, die höchste Welle in 2017 zu erleben, so sagt man uns zumindest. Und tatsächlich, es ist schon beeindruckend, wie sich die Flut sichtbar in den Fjord schiebt.

Jetzt aber erst mal Homer. Erklärtes touristisches Hauptziel auf der Halbinsel, und selbsternannte „Halibut Capital of the World“. Der Homer Spit, eine ganz schmale, einige Kilometer lange Landspitze, die sich in die Kachemak Bay schiebt, ist dabei der Nabel der Welt des Heilbutt-Angelns. Um den Kleinboothafen tummeln sich Restaurants und Souvenirbuden, im Fischereihafen stapeln sich Bojen, Netze und Fischkisten. Wir versuchen, die riesigen Mengen an Wohnmobilen, die sich auf den Campingplätzen drängen, auszublenden und finden trotz des Touristen-Gewusels Gefallen an Homer. Ein paar Kilometer außerhalb des Ortes ist der Trubel eh vergessen. Dann haben wir das tolle Panorama der Kachemak Bay und der Gletscherberge für uns allein und einen Gratis-Stellplatz für die Nacht noch dazu.

Nach den Tagen auf der Kenai Peninsula steht noch einmal ein kurzer Zwischenstopp in Anchorage an. Wir haben noch eine Einladung offen, die auf kuriosem Weg zustande gekommen ist. Als Greg K., den wir im letzten Sommer in Montana kennengelernt haben, damals von unseren zukünftigen Reiseplänen Richtung Alaska erfährt, vermittelt er uns gleich an seinen guten Freund Greg G. in Anchorage, der daraufhin unsere Reise verfolgt und uns nun, da wir in der Stadt sind, prompt zu sich einlädt. So einfach und unkompliziert geht das hier in Amerika. Aus einer Einladung werden plötzlich zwei, als uns Charlie auf einem Walmart-Parkplatz anspricht und auffällig viel Ahnung vom Unimog hat. Kein Wunder, hat er doch selber ein Unimog-Reisefahrzeug, was in Amerika eine echte Rarität darstellt. So ergibt es sich, dass wir auch Charlie noch einen Besuch abstatten, bevor wir Anchorage verlassen.

Nächstes Ziel: Valdez. Der Glenn Highway geizt gerade etwas mit seinen Reizen und zeigt seine Gebirgslandschaft arg wolkenverhangen, aber als wir Richtung Süden auf den Richardson Highway abbiegen, sind Wetter und Stimmung wieder wesentlich besser. Je weiter wir uns Valdez nähern, desto schöner wird die Fahrt, Höhepunkt ist zweifelsohne der Thompson Pass mit Gletschern und hohen Gipfeln.

Valdez hat eine bewegte Vergangenheit. Mitte der Sechziger durch Erdbeben und Flutwelle fast vollständig vernichtet, Ende der Achtziger durch das Unglück des Öltankers Exxon Valdez in die Schlagzeilen geraten. Heute ist es eine kleine, authentisch gebliebene Hafenstadt am Meer, Endpunkt der Ölpipeline von Prudhoe Bay und Startpunkt für Ausflüge in die Berg- und Gletscherwelt des Prince William Sound.

In Valdez werden wir schon erwartet. Nachdem wir Susanne und Jens mit ihrem Fuso am Denali N.P. kennengelernt und in Homer und Anchorage zufällig wiedergetroffen haben, sind wir hier mit den beiden verabredet. Damit wir mal mit mehr Zeit und Gemütlichkeit quatschen können, nicht immer nur zwischen Tür und Angel auf irgendwelchen Parkplätzen. Als wir eintrudeln, werden wir schon aufgeregt empfangen. Die beiden haben für den nächsten Tag einen Bootsausflug zum Columbia Glacier gebucht, und da der Laden bald schließt, müssen wir uns sputen, selber noch Tickets zu bekommen.

Am nächsten Tag schippert uns die wunderschöne alte Yacht Lu-Lu Belle mit ihrem Kapitän Fred übers Wasser. Wir besuchen die Fischer im Fjord, sehen, wie die Netze eingeholt und der satte Fang an Bord gebracht wird. Seeotter schaukeln auf dem Rücken liegend auf den Wellen, Seelöwen räkeln sich faul am Strand. In den Spalten der Steilufer verstecken sich Papageientaucher, doch sie haben keine Chance. Fred, der Kapitän, navigiert zur Freude aller an Bord die Yacht mitten hinein in eine der engen Höhlen, dass wir fast die Felsen anfassen könnten. Einzig Wale lassen sich während der ganzen Fahrt nicht blicken, haben wohl sonntags frei. Ein paar Orcas oder Buckelwale hätten das Tiere-vor-der-Kamera-Programm perfekt gemacht.

Das kleine Manko ist aber vergessen, als wir das eigentliche Ziel der Bootsfahrt erreichen: den Columbia Glacier, zweitgrößter Meeresgletscher Nordamerikas. Fred steuert die alte Lu-Lu Belle immer weiter hinein in das Treibeis, bis wir nur noch von Eisschollen umgeben sind, gerade ein paar hundert Meter von der Gletscherkante entfernt. Als er den Motor ausmacht, hören wir nur noch das Knacken des Eises und das Kratzen der Schollen am Schiffsrumpf, ansonsten ist es still um uns herum in dieser unwirklichen Welt aus Stein und Eis. Als der Gletscher kalbt und ein mächtiges Stück abbricht, erleben wir, wie sich eine große Welle in unsere Richtung ausbreitet, immer näher kommt und schließlich Lu-Lu Belle sanft tanzen lässt, ein unvergessliches Naturschauspiel.

Nach über einer Stunde am Gletscher und insgesamt acht Stunden auf See kommen wir abends müde, durchgefroren aber ganz erfüllt in Valdez an. Das kann man einen großartigen Monatsabschluss nennen!